Wandern früher ein Art zu Reisen im 21 Jahrhundert eine Freizeit Aktivität

Inhaltsverzeichnis

Wandern ist eine Form weiten Gehens über mehrere Stunden. Bildete die Fortbewegung zu Fuß früher die normale Art des Reisens, stellt sie heute im 21 Jahrhundert, in entwickelten Ländern vorwiegend eine Freizeitbeschäftigung und eine Sportart dar. Wandern ist eine mit Naturerleben verbundene, gemäßigte Sportart und ein zentraler Wirtschaftsfaktor vorwiegend des Sommertourismus. In der kalten Jahreszeit ist das Schneeschuhwandern in jüngster Zeit eine beliebte Wintersportart geworden.

Austria- Hohe Tauern National Park
Austria- Hohe Tauern National Park ein Traum zum Wandern

In Europa und Nordamerika sind reizvolle Regionen in der Natur durch Wanderwege gut erschlossen, die zu schönen landschaftlichen Stellen führen, aber auch besiedelte Gebiete durchqueren können. Zum Wandern kann man sich an die markierten Pfade halten oder auch alle andern geeigneten Wege ohne regen Straßenverkehr benutzen.

Wanderrouten- Gabelung
Wanderrouten- Gabelung

Auf vielen Wanderwegen sind Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte zu erreichen. Neben Wegstrecken, die sich für Tagesausflüge eignen, haben die Wanderorganisationen auch Weitwanderwege angelegt und markiert, die in mehrere Tagesetappen unterteilt sind. Eine besondere Kategorie dieser Strecken bilden jene Pilgerwege, die man zu Fuß bewältigen kann.

Rund um den Wandertourismus hat sich eine vielseitige Infrastruktur entwickelt, die den Zugang zu den Wanderstrecken, die Ausrüstung mit dem Material und Literatur, die Verpflegung und Unterkunft sowie die Sicherheit und den Rettungsdienst ermöglicht.

Man unterscheidet zwischen zweckfreiem und zweckgebundenem Wandern. Zweckfreie Wanderungen dienen dem Selbstzweck, der Erbauung oder Ertüchtigung, während zweckgebundenes Wandern früher Gründe hatte wie Forschung, Arbeitssuche, Walz, Flucht oder Handel oder in weiterem Sinne militärische Märsche. Abgeleitet aus einer für Deutschland repräsentativen Befragung ergibt sich für das zweckfreie Wandern in Abgrenzung zum Spazierengehen folgende nachfragebasierte Definition:

„Wandern ist Gehen in der Landschaft. Dabei handelt es sich um eine Freizeitaktivität mit unterschiedlich starker körperlicher Anforderung, die sowohl das mentale wie physische Wohlbefinden fördert. Charakteristisch für eine Wanderung sind:

  • eine Dauer von mehr als einer Stunde,
  • eine entsprechende Planung,
  • Nutzung spezifischer Infrastruktur sowie
  • eine angepasste Ausrüstung“

Entstehung

Wandern im Erzgebirge
Wandern im Erzgebirge

Als erster historisch dokumentierter „zweckfreier“ Wanderer gilt der Italiener Francesco Petrarca, der 1336 mit seinem Bruder den etwa 1900 m hohen Mont Ventoux bestieg. Über viele Jahrhunderte nach ihm sind nur wenige weitere Wanderungen dieser Art dokumentiert. Doch war der Begriff des Wanderers auch in Deutschland im Mittelalter bekannt. 1353 werden in einem Vertrag zwischen Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier, und Wilhelm von Gennep, Erzbischof von Köln, über die Raubritterburg Daun in der Eifel Kaufleute, Pilger, Wandeler und gemeine Leut erwähnt, die aus der Burg überfallen wurden (LHAK Best. 1A Nr. 7079).

Erst mit der Aufklärung, namentlich mit Albrecht von Hallers Gedicht Die Alpen (1729) und Jean-Jacques Rousseaus Julie oder Die neue Heloise (1761), kam beim Bildungsbürgertum eine neue Naturbegeisterung auf. Die neue Art der Fortbewegung, das Wandern, wurde zum Symbol der aufklärerischen Emanzipation des Bürgertums vom Adel. Aufrecht im Gang blickte man nun in die Welt und beobachtete Volk und Natur ungetrübt von Kutschenfenstern.

Zahlreiche aufklärerische Wanderer erkundeten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Europa zu Fuß und schrieben ihre Erkenntnisse möglichst objektiv nieder. Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf den sozialen und politischen Gegebenheiten der durchwanderten Gebiete. Als schillerndstes Beispiel gilt oftmals der Leipziger Johann Gottfried Seume, der 1801 zu einer Fußreise nach Sizilien aufbrach und nach neun Monaten über Paris nach Leipzig zurückkehrte. Wandern ist mit der Liminalität in Verbindung gebracht worden, da es ein besonderes Erlebnis mit anderen Hierarchien ist.


Romantik

Anschließend an die Aufklärung übernahmen die Romantiker das Wandern und prägten sein Bild bis heute. Schriftsteller wie Joseph von Eichendorff unternahmen ausgedehnte Wanderungen. Im Unterschied zu den Aufklärern war ihr Blick nicht mehr auf die sozialen und politischen Gegebenheiten gerichtet, sondern primär auf die Landschaft als Spiegel des eigenen Inneren. Sie suchten die Einsamkeit, um in ihr den Kosmos in sich selber zu finden. Auch Novalis erzählt in seinem Romanfragment „Heinrich von Ofterdingen“ von einem Jungen, den ein wandernder Fremder inspiriert. Dieser hat die blaue Blume entdeckt: das Sinnbild der Sehnsucht, des Unerreichbaren, das Symbol der Wanderschaft in der Romantik.

Wandern in der Schweiz
Wandern in der Schweiz

Harz, Rügen und die Sächsische Schweiz waren damals die Lieblingsziele der Romantiker. Deren wilde unberührte Natur in Verbindung mit Wasser entsprach genau ihren Vorstellungen. Es entstanden zahlreiche Skizzen, Gemälde und Kupferstiche. Schließlich machten die Künstler die Regionen durch ihre Bilder so bekannt, dass es bei den wohlhabenden Herrschaften bald zum guten Ton gehörte, diese Landschaft selbst zu sehen.

Wandern in Frankreich
Wandern in Frankreich

Wer es sich leisten konnte, wurde mit Sänften zu den Aussichten getragen, denn die damalige Kleidung, gerade die der Frauen, war alles andere als wandertauglich. Rückblickend betrachtet war dies der Anfang des Tourismus in Deutschland. Im 19. Jahrhundert wurden zunehmend weniger Städte erwandert, sondern man ließ sich in Kutschen oder mit der Eisenbahn zu den Ausgangspunkten in der Natur bringen, wo man auf immer mehr vorgegebenen Strecken lief. Wurden die Aufklärer noch angefeindet oder abschätzig angeschaut, so machten die Romantiker das Wandern salonfähig. Leider gerieten mit dem Einzug der Eisenbahnlinien viele dieser damaligen Wanderwege in Vergessenheit. In der Sächsischen Schweiz wurde sehr intensiv anhand von historischen Bildern der Wegeverlauf von Dresden ins Elbsandsteingebirge rekonstruiert. Heute ist der Wanderweg als Malerweg erwanderbar.


Deutscher Wanderverband

1883 in Fulda gegründet, ist der Deutsche Wanderverband die Dachorganisation der Gebirgs- und Wandervereine in Deutschland. Seine Mitgliedsorganisationen markieren und betreuen ehrenamtlich ca. 200.000 km Wanderwege. Im Verband sind 58 Gebietsvereine mit insgesamt 600.000 Mitgliedern organisiert. Zu den Satzungsaufgaben gehören neben der Wegearbeit und der Pflege des Wanderns auch Naturschutz-, Jugend-, Familien- und Kulturarbeit


Naturfreunde

Die 1895 in Wien gegründeten Naturfreunde ermöglichten erstmal das Wandern für eine proletarische Schicht. Mit starker sozialistischer Prägung eröffneten sie erste Naturfreundehäuser, in denen Wanderer billig übernachten und Ferien machen konnten. Seit ihrer Gründung haben sie mehr als 1.000 Häuser errichtet – in Deutschland alleine rund 450.

Fernwandern in Schweden
Fernwandern in Schweden

Wandervogel

Als Wandervogel wird eine 1896 in Steglitz (heute Berlin) entstandene Bewegung hauptsächlich von Schülern und Studenten bürgerlicher Herkunft bezeichnet, die in einer Phase fortschreitender Industrialisierung der Städte und angeregt durch Ideale der Romantik sich von den engen Vorgaben des schulischen und gesellschaftlichen Umfelds lösten, um in freier Natur eine eigene Lebensart zu entwickeln. Damit stellte der Wandervogel den Beginn der Jugendbewegung dar, die auch für Reformpädagogik, Freikörperkultur und Lebensreformbewegung im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse setzte.

Der Anstoß zu einer auf Dauer angelegten Organisation der Wanderaktivitäten am Gymnasium Steglitz ging von dem ehemaligen Schüler Karl Fischer aus, der 1901 für die Gründung des Wandervogels als Verein sorgte. Wie andere nach ihm prägte Fischer als Führungspersönlichkeit die Aktivitäten der von ihm geleiteten Gruppierung. Mit dem Anwachsen der Bewegung, die sich binnen weniger Jahre über den ganzen deutschsprachigen Raum ausbreitete, kam es oft zu abweichenden Leitvorstellungen und Schwerpunktsetzungen, die zu vielfältigen Abspaltungen und Neugründungen führten. Umstritten waren beispielsweise Fragen der Mädchenbeteiligung und der Alkoholabstinenz.

Gegenüber Versuchen der politischen Einflussnahme und Vereinnahmung suchten die Wandervogel-Verantwortlichen meist Neutralität zu wahren. So fand der Erste Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner im Oktober 1913, für den der Wandervogel den Boden bereitet hatte, offiziell ohne seine Beteiligung statt. Der Erste Weltkrieg schuf neue Verhältnisse auch für die Jugendbewegung und den Wandervogel. Den entscheidenden Einschnitt bildete aber erst die nationalsozialistische Auflösung bzw. Zwangseingliederung der Jugendbünde in die Hitlerjugend. Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Nachfolgeorganisationen sind dem Erbe des Wandervogels verbunden.


Bergwandern

Wandern in Italien
Wandern in Italien

Das Wandern im bergigen Gelände wird als Bergwandern bezeichnet, wobei die Grenzen zwischen Wandern, Bergwandern und Bergsteigen nicht genau definiert sind. Unter anderem grenzt sich das Bergsteigen vom Bergwandern durch die Notwendigkeit zu klettern ab, wobei von „Klettern“ erst gesprochen wird, wenn man die Hände zu Hilfe nehmen muss. Der Schweizer Alpen-Club hält in einer Präzisierung zur SAC-Wanderskala fest, dass das Bergsteigen dort beginnt, wenn mindestens ein Mitglied der Gruppe bergsteigerische Hilfsmittel (wie Pickel, Seil, Steigeisen etc.) benötigt. Werden, unabhängig vom Gelände, aufgrund der Erfahrung und Kenntnisse der Tourengänger keine Hilfsmittel benötigt, gilt eine Tour als Bergwanderung.

Bergwandern wird zur Höhenwanderung, wenn sie in größerer Höhe ohne starke Höhenunterschiede verläuft (siehe auch Hochtour). Von Überquerung oder Übergang spricht man, wenn ein Gebirgspass zu übersteigen ist und der Weg meist von einer Schutzhütte zur nächsten führt.

2005 gab es in Österreich 416 Tote bei Alpinunfällen, im gleichen Jahr beklagte man 764 Verkehrstote. In Tirol standen sich 179 Alpintote und 57 Verkehrstote gegenüber. Bezogen auf Österreich ereigneten sich die meisten tödlichen Unfälle beim Bergwandern (130), dann folgte Klettern (36) und Hochtourenbergsteigen (29). Nach einer schweizerischen Studie kommt auf 7.143 Wanderstunden ein Unfall.

So gesehen ist von gängigen Freizeitsportarten nur das Schwimmen sicherer, während das Verletzungsrisiko beim Wintersport das des Wanderns 7,5-fach übersteigt (Fußballspielen 18-fach). Ursache tödlicher Alpinunfälle sind in 64 Prozent Stolpern, Ausrutschen und Absturz, in 21 Prozent Erschöpfung und Überlastung, die restlichen 15 Prozent verteilen sich auf Orientierungsverlust, Versteigen, Stein- und Blitzschlag, Hitze- oder Kälteschäden oder Lawinen.

Wandern in Andalusien
Wandern auf Andalusien

Weitwandern, Fernwandern, Trekking

Als Weitwandern bezeichnet man eine Wandertour, die über größere Strecken führt, und bei der man mehrere Tage unterwegs ist. Von Fernwanderwegen spricht man, wenn mehrere Weitwanderwege miteinander verbunden werden. Trekking ist Weitwandern abseits markierter Routen. Ab 1905 wurde in der Schweiz der Jurahöhenweg angelegt und markiert, der über die aussichtsreichen Höhenzüge des Juragebirges in 16 Etappen von Dielsdorf nördlich von Zürich bis in die Nähe von Genf führt. Heute ist der Jurahöhenweg auch ein Bestandteil des Europäischen Fernwanderwegs E4.

Wanderrouten in Norwegen
Wanderrouten in Norwegen

Das Weitwandern als Aspekt des Bergsports wurde 1912 von DuÖAV-Sekretär Josef Moriggl angedacht, der sich mit dem Wandern von Hütte zu Hütte befasste. Der Alpinschriftsteller E. Benesch beschrieb 1932 drei Weitwanderrouten im Alpenraum.

Im Laufe der 1960er und 1970er Jahre entstehen zunehmend durchmarkierte Routen, auch weil man den wirtschaftlichen Aspekt des Weitwanderns erkennt – der Weitwanderer ist an die lokalen Ressourcen gebunden. In dieser Zeit werden auch die ersten überregionalen Vereine gegründet.

Ab 1969 bestehen die Pläne, europaweites Fernwandern durch geeignete Routen attraktiv zu machen. Heute werden diese Bestrebungen in Form der Europäischen Fernwanderwege von der Europäischen Wandervereinigung koordiniert.


Sportwandern

Sportwandern beginnt bei organisierten Märschen (je nach Staat) ab 35 bis 40 km. Dachverband in Österreich ist der Österreichische Fachverband für Sportwandern, Weitwandern und Trekking (ÖFS). In der Schweiz oder Deutschland nehmen Sportwanderagenden Teilverbände des Internationalen Volkssportverbandes (IVV) wahr. Dieser Verband bietet im Allgemeinen Wanderstrecken über 5, 10 und 20 km an. Es werden auch längere Strecken, z. B. die Marathonstrecke (42 km) oder 50 km, angeboten.


Volkswandern

Bei einer Volkswanderung, geläufig ist auch der Begriff Volksmarsch, bietet der Veranstalter Wanderstrecken in verschiedenen Längen an, die der Teilnehmer alleine oder in einer Gruppe durchwandern kann. Unterwegs gibt es in der Regel mehrere Verpflegungs– und Kontrollposten, so dass man kein schweres Gepäck mitnehmen muss.

Nach Absolvierung der Strecke erhält der Teilnehmer häufig eine symbolische Auszeichnung. Es wurde schon zu Beginn der 1970er Jahre im Rahmen der Trimm-dich-Bewegung angeboten. Ausrichter waren dabei die Gemeinden. Viele veranstaltende Vereine sind im Deutschen Volkssportverband oder Internationalen Volkssportverband organisiert. Die Mitgliedsvereine haben ein weltweit einheitliches Wertungs- und Abzeichenwesen.

Wandern in Portugal
Wandern in Portugal

Nordic Walking

Aus Finnland stammt das Nordic Walking, das als weitere gesundheitsfördernde Wanderart zunehmend Anhänger unter dem Begriff Nordic Wandern findet. Diese Art der Bewegung mit Stöcken wurde dabei speziell auf die Wanderer abgestimmt und ist für lange Strecken geeignet. Hier geht es auch um den Geselligkeitsfaktor, denn die Wanderfreunde wollen sich während ihrer Touren auch unterhalten und die Natur genießen. Dennoch merken sie den Trainingseffekt durch den Einsatz der Stöcke in der Nordic-Walking-Technik. Heute sieht man auf vielen Wanderwegen die Wanderer mit zwei Stöcken.


Winterwandern

Wandern im Naturpark Hohes Venn Belgien - Eifel
Wandern im Naturpark Hohes Venn Belgien – Eifel

Für das Winterwandern werden außer den Wegen in den Gebirgstälern auch speziell präparierte Trassen auf der Höhe der Skigebiete angelegt und signalisiert, in der Schweiz seit den späten 1990er Jahren mit violetten Schildern. Neben Fußtouren umfasst das Winterwandern auch SkitourenLanglauf– Touren oder Schneeschuh– ­Wandern.


Wandern ohne Gepäck

Viele Tourismusverbände bieten mehrtägige Touren an, bei denen das Gepäck der Wanderer gegen einen gewissen Aufpreis von Hotel zu Hotel transportiert wird. Häufig ist dies eine kreisförmige Route innerhalb eines bestimmten Gebietes (z. B. SchwarzwaldPfälzer WaldFränkische Schweiz, Steirisches JogllandHarz usw.). Man kann sich auch auf eigene Faust eine Route zusammenstellen und bei den in Frage kommenden Hotels anfragen, ob der Gepäcktransport übernommen wird.


Pilgern und Wallfahren

Wallfahren und Pilgerschaft sind die wohl ursprünglichste Form des Wanderns, die kein eigentliches Reisen sind. Manche Pilgerwege werden noch heute als Fernwanderweg genutzt. Als einer der bekanntesten Pilgerwege gilt der Jakobsweg. Ein ebenso uralter Pilgerweg ist die Via Francigena; sie führt von Canterbury (England) über Frankreich und die Schweiz bis nach Rom.

Wandern 01
Wandern in Griechenland

Bildungswandern

In jüngerer Zeit findet das Wandern zu Bildungszwecken zunehmend Anklang. Lehrpfade mit Informationstafeln zu Sachfragen des gewählten Themas ersetzten den Wanderführer als Wissensvermittler und ermöglichen ein selbst bestimmtes Lernen und erlauben das Gehen in der selbst gewählten Geschwindigkeit. Eine Sonderform sind die Planetenwege, die ein verkleinertes Modell des Sonnensystems darstellen und in der Regel mit einschlägigen Informationen aufwarten. Themenwanderwege binden Ziele gemeinsamen Interesses aneinander, etwa die Walserwege oder der Kulturweg der Alpen. Auch Erinnerungswege, wie der Sentiero della Pace entlang der Alpenfront des Ersten Weltkriegs, sind in diesem Kontext zu sehen.

Wandern auf Island
Wandern auf Island

Zum Bildungswandern zählen auch geführte Wanderungen durch zertifizierte Wander-, Natur-, Stadt-, Berg- oder Wattführer. Auf geführten Wanderungen werden nicht nur die Eigenarten der Landschaft einer Region sowie deren Geschichte vermittelt. Verkleidete Wanderführer verstärken das Bildungserlebnis und sind gleichzeitig Aushängeschilder für eine Tourismusregion, werden also auch gezielt für die Vermarktung eingesetzt. Wanderführer bieten oft Pauschalangebote an, die Unterbringung, Verköstigung und über die vom Führer durchgeführten Wanderungen hinausgehende Angebote enthalten. Gruppen und Einzelwanderer, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sich um die Organisation ihrer Wanderung nicht selbst kümmern und brauchen nicht einmal eine Wanderkarte.


Spirituelles bzw. meditatives Wandern

Auf die Wandermönche zurückgehende Tradition des mehrtägigen bzw. mehrwöchigen Unterwegsseins mit dem Ziel der Gottes- und/oder existenziellen Sinnsuche. Ziel solcher Wanderungen sind oft besondere Orte, zum Beispiel Pilger- und Wallfahrtsorte (z. B. Santiago de Compostela), einsame und/oder entlegene Landschaften. Siehe auch Auszeit.Dass man das ganze Leben im Bild einer großen spirituellen Wanderschaft begreifen kann, dessen Ziel irdisch letztlich nicht zu erreichen ist, drückt eine Dichtung Gerhard Tersteegens aus dem Jahr 1745 aus:

Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit […] mein Heim ist nicht in dieser Zeit.

Dies geht zurück auf einen Gedanken des Apostels Paulus im 2. Korintherbrief 5, 6. Paulus begreift seine irdische Existenz als ein Wandern zu Gott, in der Vulgata– Übersetzung: „Dum sumus in corpore, peregrinamur a Domino“.

Ulrich Grober versteht das Wandern als Einübung in die Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts. Die jetzige Generation beginne, im wandernden Nomaden ein Ideal zu entdecken. Grober rezipiert das Gedankengut von Vilém Flusser (einem nomadisierenden Philosophen) und Adalbert Stifter, der in Landschaften Größe und Erhabenheit entdeckte und seelische Zustände in Naturbeschreibungen widerspiegelte. »Man macht die Erfahrung, mit wenigem auskommen zu können und in dieser Situation Außerordentliches zu vollbringen und besonders intensiv zu erleben.

Wandertouren durch Holland
Wandern durch Holland

Nachtwandern

Nachtwanderungen sind Wanderungen, die überwiegend bei Dunkelheit durchgeführt werden. Diese können auch einen religiösen Hintergrund haben, z. B. der Aufstieg zum Sri Pada in Sri Lanka. Unter der Anleitung Erwachsener sind Wanderungen dieser Art speziell bei Kinder- und Jugendgruppen im Rahmen von Klassenfahrten oder Ferienaufenthalten beliebt und gängige Praxis. Hierbei spielt der Wandergedanke gegenüber dem Gruseleffekt eine eher untergeordnete Rolle. Oft wird eine Nachtwanderung als Fackelzug inszeniert.


Barfußwandern

Dänemark Wandertouren
Dänemark Wandertouren

Die Deutsche Wanderjugend (DWJ) betont die gesundheitsfördernde Wirkung des Barfußwanderns. Zahlreiche Barfußparks in Deutschland, Österreich und der Schweiz ermöglichen eine erste Barfußwandererfahrung unter den gesicherten Bedingungen einer gepflegten und vielseitigen Freizeitanlage. Auch eine Wattwanderung eignet sich in idealer Weise zum Barfußlaufen.


Geocaching

Geocaching ist eine Art elektronische Schatzsuche oder Schnitzeljagd, bei denen zur Navigation meist GPS-Empfänger dienen. Besonders Geocaches mit mehreren Zwischenstationen (Multi-Caches) in der Natur sind Basis für Wanderungen und machen Wandern für neue, meist junge Zielgruppen attraktiv. Viele Wandervereine und -verbände (z. B. die Deutsche Wanderjugend) unterstützen Geocaching durch Informationsveranstaltungen und Wanderungen zu Geocaches. Durch die hohe Dichte an Caches und einschlägige Internet-Portale sind auch Wanderungen in fremden Regionen ohne aufwändige Vorabrecherche möglich.


Nacktwandern

Naturisten suchen auf Nacktwanderungen in klassischer FKK-Manier die „totale Freiheit und Naturverbundenheit“. Um Missverständnisse zu vermeiden, bevorzugen sie dabei weniger frequentierte Strecken. Vereinzelt bestehen aber auch offiziell ausgeschilderte und beworbene Nacktwanderwege, etwa der Harzer Naturistenstieg.

Wandern in Ungarn
Wandern in Ungarn

Speed Hiking

Eine schärfere Art des Wanderns ist das Speed Hiking. Darunter wird das schnelle Wandern mit Stöcken und leichter Ausrüstung in anspruchsvollem Gelände verstanden. Speed Hiking kann sowohl als Ausgleich zu vielen Wintersportarten, wie z. B. Langlauf, Skitouren, angewendet werden, als auch als optimales Aufbautraining im Rahmen der Vorbereitung auf verschiedene Wettkämpfe oder zur Verbesserung der eigenen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten fungieren.

Die Stöcke dienen dazu, den Körper einerseits zu stabilisieren, andererseits wird dadurch gleichzeitig die Oberkörpermuskulatur trainiert. Speed Hiking kann auch als eigenständiger Sport betrieben werden. Vielfach werden deshalb auch spezielle Wettbewerbe für Speed Hiker veranstaltet, bei denen verschiedene Distanzen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade zu bewältigen sind.


Pliking bzw. Plaking

Wandern in Rumänien
Wandern in Rumänien

Beim Pliking bzw. Plaking wird in Anlehnung an den Sport Plogging einem Kofferwort, gebildet aus den Bestandteilen „plocka“ (schwedisch aufheben; pflücken) und Jogging, beim Wandern Müll gesammelt und anschließend entsorgt. Die Wortbildung geht auf die Verbindung von erwähntem „plocka“ und den englischen Begriffen „hiking“ (Wandern), bzw. Walking zurück.


Gesundheitliche Aspekte

Eine vom Fitnessmagazin Fit for Fun in Auftrag gegebene Studie des Kölner Instituts für Prävention und Nachsorge (IPN) kam zu dem Ergebnis, dass der Energieumsatz beim Wandern vergleichbar ist mit dem beim Joggen. So verbrauchten die Probanden beispielsweise bei einer 2-stündigen Wanderung im Flachland ebenso viel Nahrungsenergie wie beim Joggen über 75 Minuten. Als vorteilhaft wird zudem die schonende Weise angeführt, weil es durch automatische Tempoanpassung selten zur körperlicher Überforderung kommt.

Deutlicher hob die Frankfurter Rundschau die Vorzüge des Wanderns hervor und stützt sich dabei u. a. auf eine gemeinsame Untersuchung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Deutschen Wanderverbands von 2010. So gebe es kaum eine gesündere Sportart, denn nicht nur der Energieumsatz sei ähnlich dem Joggen.

Auch senke das Wandern das Risiko für Herz- Kreislauferkrankungen, stärke Knochen, Gelenke und Bänder ebenso wie Immunsystem und Atemwege. Zudem habe es positive Auswirkungen auf die Psyche durch den Abbau von Stresshormonen und die vermehrte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin und den Glücksbotenstoff Dopamin.

Wandern in der Ukraine
Wandern in der Ukraine

Die Attraktivität des Wanderns

Die Motivation zum Wandern unterliegt beträchtlichen Schwankungen, sowohl bei den verschiedenen Altersstufen und Generationen als auch hinsichtlich der Art des Wanderns als auch dem Trend der Zeit entsprechend. War es mit der Walz der Handwerksgesellen noch eine selbstverständliche Berufsnotwendigkeit, verbunden mit Erlebnis, Abenteuer und persönlicher Reifung, zelebrierte die Generation der Jugendbewegung und des Wandervogel das Wandern in Liedern und Unternehmungen als Emanzipation von der verkrusteten Erwachsenenwelt, als Entkommen aus den öden Städten, als romantische Naturentdeckung und als unverzichtbaren Teil ihrer speziellen Jugendkultur.

Grönland Wandern
Grönland Wandern

Ende der 1980er Jahre sah sich der Didaktiker Siegbert A. Warwitz jedoch bereits zu der Frage genötigt „Ist Wandern pädagogisch noch vermittelbar?“ Der Fragestellung lagen Untersuchungsergebnisse zugrunde, nach denen sowohl bei Kindern als auch bei Studierenden das vermeintliche „reine Strecke machen“ weitgehend verpönt war. Man scheute das Gepäcktragen und war beim ersten Regenschauer gern wieder unter einem Dach. Schulwanderungen ließen sich oft nur mit der Erwartung eines Freizeitparks oder Gasthauses auf den Weg bringen.

Wandern wurde als langweiliger „Seniorensport“ verstanden. Bei vielen Jugendlichen fehlte eine gewachsene „Wanderkultur“. Warwits beschreibt, wie selbst der für Lehramtsanwärter, speziell für Sportstudierende, obligatorische Erwerb eines „Wanderführer-Scheins“ zur Motivation zusätzliche Reize erforderte. So wurde die entwöhnte mühsame Fußbewegung durch Formen des Rad-Ski- und Flusswanderns ersetzt, führten „Waldläuferzeichen“ zu Überraschungen und Aufgaben, wurden komplexe Projekte gestaltet, wurde das Fußwandern unter Begleitung durch einen pferdbespannten Planwagen, der die Ausrüstung transportierte und bei Bedarf „Fußkranke“ aufnahm, attraktiver gemacht.

Das Klassen-, Gruppen- und Familienwandern mit Wanderausrüstung findet als Fußwandern wie als Radwandern bei Kindern auch heute ein lebhaftes Interesse, wenn es über den reinen Fußmarsch hinaus didaktisch geschickt zu einem „Erlebniswandern“ mit Abenteuern, Aktivitäten und Entdeckungen ausgestaltet wird.

Seit etwa 15 Jahren erschließen Wanderbahnhöfe mit Bahn und Bus Wanderwegenetze für Wanderer. Mit der Erhöhung der Ein- und Aussteigerzahlen durch Wanderer an kleinen Bahnhöfen wurden diese Bahnhöfe erhalten und erschlossen damit Wanderwege und Wanderetappen. Direkt vom Bahnsteig aus können Spaziergänge, Tages- oder gar Mehrtageswanderungen unternommen werden.

Neuseeland wandern am Ende der Welt
Neuseeland wandern am Ende der Welt

Der Bedeutung der Kulturtechnik des Wanderns widmete das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg 2018 die umfangreiche Sonderschau Wanderland. Eine Reise durch die Geschichte des Wanderns, von der die Süddeutsche Zeitung schrieb, sie zeige eine nie dagewesene Bandbreite.


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